Die perfekte Belichtung / Teil 1

Als ich heute Nachmittag auf dem Weg zum Fotostudio war, kam bei -6°C und strahlend blauem Himmel über dem schneebedeckten Feld ein dichter, weißer Bodennebel auf, die Sonne wollte gerade untergehen – eine so wunderschöne Landschaftsszene, eine solch grandiose Stimmung, dass ich erstmal anhalten musste, um das „Augen- und Sinneserlebnis“ in vollen Zügen zu genießen.

Klar wollte ich das Gesehene fotografisch „festhalten“ – aber, wie so oft, kein Fotoapparat dabei, außer meinem (veralteten) Handy ! Dieses hat aber keinerlei Einstell-Möglichkeiten, es kann einfach nur auf Knopfdruck ein Foto machen, alles voll automatisch. Das Ergebnis war – wie sollte es anders sein – alles andere als das, was ich gesehen hatte !

ABER: es ist ein anschauliches Beispiel dafür, was die „Automatik“ mit unseren Fotos macht und es dient mir immerhin hier für diesen Beitrag, der Dich animieren soll, in Zukunft viele „perfekt belichtete“ Fotos zu machen.

Hier zunächst das Werk der Automatik:

 

IMG1F

Was wir hier sehen, ist ein völlig belangloses, langweiliges Landschaftsbild, in dem aber auch rein GAR NICHTS stimmt. Der Schnee ist nicht wirklich weiß und hat die gleiche Farbe, wie der aufsteigende Nebel im Hintergrund (obwohl dieser sich in der Realität deutlich unterscheiden ließ) . Sowohl die Bäume im Hintergrund, als auch die in der rechten oberen Ecke sind viel zu dunkel und der Zaun ebenfalls (er ist eigentlich grün !).

Um zu verstehen, was da genau „passiert“ ist, machen wir einmal ein Gedanken-Experiment. Zunächst stellen wir uns das Bild in Schwarzweiß vor (fällt ja nicht schwer, da es ohnehin fast keine Farben enthält!):

IMG1SW

Als nächstes stellen wir uns vor, das Bild wäre gerade aus einem Tinten-Drucker herausgekommen und die Tinte ist noch flüssig ! Nun schmieren wir einmal mit dem Finger über das gesamte Bild und vermischen die Tinte komplett mit einander, so daß eine einzige, gleichmäßig gefärbte Fläche entsteht. Wie würde die wohl aussehen?

Genau so:
grau

Was wir hier sehen, ist eine graue Fläche. Aber nicht nur das, es ist nicht irgend einer der „fifty shades of grey“, oder eine der 256 möglichen Abstufungen zwischen reinem Weiß und reinem Schwarz, die uns unser digitales „JPG“-Format ermöglicht. Nein, es ist in Wirklichkeit das sogenannte „Neutrale Grau“ – also der eine Ton, der zwischen 0 und 256 genau in der Mitte liegt – und somit den digitalen Wert 128 hat, weswegen er auch als „Mittleres Grau“    bezeichnet wird (per Definition:  „Eine unbunte Farbe (Grau) die genau 50% der maximal Schwärze enthält“). Etwas fortgeschrittenere Fotografen kennen natürlich die sogenannte „Graukarte“ als Hilfsmittel in der Fotografie – deren Sinn und Anwendung wird in den nächsten Folgen dieser Serie noch öfters zur Anmerkung kommen.

Für heute – der erste Teil der Serie „Perfekte Belichtung“ nehmen wir als Fazit mit, dass die Vollautomatik einer digitalen Kamera  so programmiert ist, dass sie die gesamte Bildfläche so belichtet, dass die Gesamtheit aller vorkommenden Helligkeitsstufen zusammengefasst ein neutrales Grau ergeben würden.

Das bedeutet: wenn in dem Bild überwiegend helle Motivteile vorhanden sind, wird die Automatik die Belichtung herunterregeln (unterbelichten) und wenn der überwiegende Teil des Bildes schwarz oder dunkel ist, wird die Automatik die Belichtungszeit heraufregeln (überbelichten). That’s it – nicht mehr und nicht weniger macht diese Automatik. Und deshalb kann sie auch mit Recht von sich behaupten, immer die „perfekte Belichtung“ zu schaffen. Aber wir sehen hier auch, dass die „perfekte Belichtung“ noch lange nicht zum „perfekten Bild“ führt, man sollte also lieber nach der „idealen Belichtung“ fragen, die schon eher das Kriterium für ein gutes Bild ist – und was nun für die jeweilige Szene eine „ideale Belichtung“ wäre, ist nicht zuletzt eine Frage des Geschmacks und der Sichtweise des Betrachters. Jedenfalls ist die „perfekte Belichtung“ eher etwas mathematisches und kann deshalb in einen Algorhytmus gefasst werden, mit dem dann so eine Automatik programmiert werden kann.

Für uns Fotografen gilt also eher ein Begriff wie „korrekte Belichtung“, der aussagt, dass in dem Bild keine Details zu hell oder zu dunkel dargestellt werden. Dies zu erreichen, bedeutet aber, dass wir die „Vollautomatik“ komplett vergessen können und nach anderen Möglichkeiten streben müssen.

Nun verstehen wir aber zumindest, was die Automatik mit unserem Bild gemacht hat. Der überwiegende Teil des Bildes ist heller als „Neutralgrau“, also regelt sie die Belichtung herunter. Mit der Folge, dass der Schnee nicht mehr weiß ist und dass die ohnehin schon dunklen Bildteile (Bäume, Zaun) noch dunkler werden, ja schon zum Teil fast schwarz werden.

In der nächsten Folge schalten wir die Automatik ab und wenden uns den Möglichkeiten zu, auf die wir bei einer „richtigen“ Kamera Einfluss haben, in Sachen Belichtung !

Wem das alles zu lange dauert oder wer nicht gerne solche „Tutorials“ liest, dem empfehle ich, den (Live)-Grundkurs für Fotografie bei mir im Studio zu belegen. In ca 3-4 Stunden Theorie und Praxis haben Sie damit die Grundkenntnisse erworben und können diese zusammen mit Ihrer Kamera auch anwenden.


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