Mehrfachbelichtung

Zu Zeiten der analogen Fotografie war es ein beliebter fotografischer „Trick“: nach erfolgter Aufnahme hat man den Film einfach nicht weiter transportiert und die folgende Aufnahme somit auf das gleiche Negativ belichtet. Diesen Vorgang konnte man auch mehrfach anwenden und so drei, vier oder mehr Bilder auf das gleiche Negativ belichten. Natürlich musste man sich vor so einer Aktion Gedanken über die jeweilige Belichtungszeit machen, schließlich bekam die erste Aufnahme ja jedes Mal Licht dazu. Wenn ich also z.B. eine Mehrfachbelichtung mit 2 Aufnahmen plante, musste die erste Aufnahme mit der Hälfte der Belichtungszeit fotografiert werden. Bei drei Aufnahmen wurde die Belichtungszeit für die erste Aufnahme 1/3, für die zweite 2/3 und für die dritte dann die „normale“ Belichtungszeit – gemessen mit einem Belichtungsmesser – eingerichtet.

Geht das auch mit digitalen Kameras?

Die Antwort ist „Jein“…. Es gibt zwar digitale DSLRs – insbesondere von Nikon, aber auch die Flag-Schiffe von Canon, die „Mehrfachbelichtung“ im Programm haben. Aber ist es das gleiche Prinzip, wie oben (analog) beschrieben? Nein. Was hier gemacht wird, beruht auf einem anderen Prinzip: es werden zwei (oder mehr) Einzelfotos per Software miteinander verrechnet. Das kann man sich so vorstellen, wie das übereinander legen zweier Ebenen und deren Verschmelzung durch einen der zahlreichen Verrechnungsmodi (Photoshop). Weiter unten in diesem Kapitel gehe ich genau auf die Mehrfachbelichtung mit meiner Canon EOS 5D MKIII ein.

Eine wirklich echte Mehrfachbelichtung kann man aber natürlich auch mit jeder DSLR hinbekommen, indem man z.B. im “Bulb“-Modus den Verschluss öffnet, nach erfolgter Belichtungszeit das Objektiv abdeckt, es für die zweite Belichtung wieder freigibt und danach den Verschluss wieder schließt. Dann hat man tatsächlich eine echte Doppelbelichtung realisiert. Nur: hier wird sehr schnell klar, dass es sich jeweils um längere Belichtungszeiten handeln muss, um dies zu realisieren. Eine weitere Möglichkeit wäre es, in einem abgedunkelten Raum zu arbeiten. Man hat hier mehr Spielraum für die einzelnen Belichtungen, die jeweils mit einem Blitzlicht erfolgen – also Verschlusszeit z.B. auf 5 sec, der erste Blitz zündet automatisch mit dem Start und beleuchtet das Model vor neutralem Hintergrund, den zweiten Blitz zündet man manuell, nachdem die Kamera auf das gewünschte Motiv ausgerichtet wurde – alles natürlich innerhalb der 5 sec, weil danach der Verschluss wieder schließt. Ein  „Haken“ bei diesen beiden Methoden ist: ich kann den Fokus für die zweite Aufnahme nicht kontrollieren.   

Es gibt Kameras, die eine Doppel- oder Mehrfachbelichtungs-Funktion aufweisen, dabei aber nicht die einzelnen Bilder speichert, sondern lediglich das Endergebnis – und dieses sogar oft lediglich als JPG-Datei. Dies ist leider ein großer Nachteil und bei solchen Kamera-Modellen rate ich eher dazu, zwei Einzelaufnahmen im RAW-Modus zu machen und diese dann in Photoshop zusammen zu fassen.

Die 5D MKIII kann bei Mehrfachbelichtungen sowohl die einzelnen Aufnahmen, als auch das Gesamt-Ergebnis jeweils als unabhängige RAW-Dateien speichern, was enorme Vorteile bietet!

Hier zunächst die Vorgehensweise:

Drücken Sie die „Kreativtaste“

Mehrfachbelichtung

Wählen Sie „Mehrfachbelichtung“ und in dem Untermenü sehen Sie nun drei mögliche Auswahlen:

„Deaktivieren“ – damit wird die Mehrfachbelichtung wieder deaktiviert

„Ein: FKT/STRG“ – (= Priorität auf Funktion und Steuerung), geeignet für alle Mehrfachbelichtungen, bei denen man auch die Einzelbilder der zusammengesetzten Aufnahme erhalten möchte.

„Ein: Reih.Aufn“ (=optimiert für Reihenaufnahmen), wird benutzt um Mehrfachbelichtungen in Reihenaufnahmen von einem sich bewegenden Objekt zu erstellen. Unter einigen weiteren Einschränkungen ist es hier nicht möglich, die Einzelbilder zu speichern, sondern nur das Gesamtergebnis bleibt erhalten.

Für unseren Zweck wählen wir also „FKT/STRG“ und haben nun (nach Bestätigung mit „Set“) folgende Möglichkeiten, Einfluss auf die Art der Verrechnung der Bilder auszuüben:

„Additiv“

Jede einzelne Belichtung wird kumulativ hinzugefügt. Richten Sie je nach der gewählten [Anzahl Belichtg.] eine negative Belichtungskorrektur ein. Wie Sie eine negative Belichtungskorrektur einstellen, ist nachfolgend kurz zusammengefasst. Dies entspricht der klassischen Mehrfachbelichtung auf Film.

(Belichtungskorrektur bei Mehrfachbelichtungen. Zwei Belichtungen: -1 Stufe, drei Belichtungen: -1,5 Stufen, vier Belichtungen: -2 Stufen und bei jeder weiteren Belichtung um eine halbe Stufe).

„Durchschnitt“

Die oben beschriebene manuelle Belichtungskorrektur wird hier automatisch gemacht. Gut geeignet für bewegte Motive vor feststehendem Hintergrund.

„Hell“

Es werden nur die hellen Bildbereiche miteinander verrechnet. Überlappen sich helle Bereiche, so wird die Helligkeit nicht erhöht (wie z.B. bei „Additiv“). Ideal für dunkle Motive und Nachtaufnahmen, in die dann z.B. im zweiten Schritt der Mond einbelichtet wird. Diese Methode entspricht dem Ebenen- Verrechnungsmodus „Aufhellen“ in Photoshop.

„Dunkel“

Diese Option kann bei Beseitigung heller Lichter und Reflexionen helfen. Dunklere Bereiche der einzelnen Aufnahmen werden kombiniert, während helle Bereiche reduziert werden und bei einer Überlappung werden sie nicht aufgehellt. Dieser Modus entspricht der Ebenen-Verrechnung „Abdunkeln“ in Photoshop.

Eine weitere Besonderheit bei der Mehrfachbelichtung mit der EOS 5D Mk III ist die Tatsache, dass man auch ein beliebiges Bild, welches sich auf der Speicherkarte im RAW-Format befindet (und mit dieser Kamera aufgenommen wurde) als Ausgangsbild für eine Mehrfachbelichtung benutzen kann. Durch diese Funktion steht einem schönen Portrait vor einem beliebigen – vorher fotografierten – Hintergrund nichts im Wege.

RainerJunker

(Bild aus einem Workshop, Fotograf: Rainer Junker)

Hierzu muss man lediglich im Menü „Mehrfachbelichtung“ den Modus „Fkt/Strg“ und einen Verrechnungsmodus auswählen (Additiv, Durschn., Hell, Dunkel) und dann ganz unten im Menü die Funktion „Bildauswahl Mehrfachbelichtung“ mit „Set“ aufrufen, anschließend mit dem Schnellwahlrad die gewünschte Aufnahme ins Display holen und dann mit „Set“ und „OK“ bestätigen.

Übrigens: wenn man nun den Live-Bild-Modus aktiviert, wird das aktuell anvisierte Motiv direkt über die davor gewählte Aufnahme gelegt!

Dies waren die „Basics“ zur Mehrfachbelichtung. In der Anwendung dieser Funktionen steht ein weiter kreativer Bereich zur Verfügung und in späteren Beiträgen werde ich auch auf spezielle Fälle eingehen, bei denen diese Technik angewandt wird.

Für heute erst mal viel Spaß beim Experimentieren mit der Mehrfachbelichtung.